Ein Tundra-Goldregenpfeifer im Vorarlberger Rheindelta
1. Nachweis für das Bodenseegebiet und 6. Nachweis für Österreich bei extrem tiefem Sommerwasserstand.
Am frühen Vormittag des 11. August 2022 entdeckte der junge österreichische Ornithologe Elias Ludescher in der inneren Fussacher Bucht einen „Goldregenpfeifer“ im Prachtkleid, der sich später als Tundra- (oder Pazifik-)Goldregenpfeifer Pluvialis fulva herausstellen sollte. Bei der Erstbestimmung half Ernst Albegger, Club 300 Austria, entscheidend mit. In der Folge verbreitete sich die Nachricht schnell im Länderdreieck Österreich-Deutschland-Schweiz und noch am selben Tag konnte zahlreiche Beobachterinnen und Beobachter den extrem seltenen Gast als neue Art in ihre Artenliste aufnehmen. Für das Bodenseegebiet bedeutete dies den Erstnachweis, für Österreich bereits den sechsten Nachweis (alle bisherigen im Seewinkel/Burgenland).
Ich selber wollte ohnehin an diesem Tag ins Rheindelta fahren, zeigten die Meldungen in ornitho.ch und ornitho.at zahlreiche Limikolenbeobachtungen an verschiedenen Stellen am Bodensee. Dies wurde durch den extrem tiefen Wasserstand begünstigt. Der Pegel Konstanz lag am 13.08.22 bei 309 cm, rund 110cm tiefer als der langjährige Sommer-Normwert.
Unverhofft erhielt ich von Ernst Albegger am Morgen einen Anruf mit der Nachricht der Beobachtung des Tundra-Goldregenpfeifers. So um 15.00 Uhr kam ich dann in der Fussacherbucht an, wo Roland und Louis Kernen am Beobachten waren. Der Tundra-Goldregenpfeifer konnte aus spitzem Winkel in etwa 150m Distanz im östlichen „Schlauch“ der inneren Fussacher Bucht gesehen werden. Auf diese Entfernung wäre eine Artbestimmung unmöglich gewesen. In der Zwischenzeit kamen u.a. Elias Ludescher, Patrick Mösinger und Filip Reiter auf der Plattform an und gemeinsam beobachteten wir die Szenerie. Die ganze Bucht war „voll mit Limikolen“: Wohl weit über 100 Bruchwasserläufer, 200+ Brachvögel, mind. 60 Bekassinen usw. nutzten den feuchten Schlick zur Nahrungssuche. Der Tundra-Goldregenpfeifer suchte Nahrung ausschliesslich im mit etwas Vegetation durchsetzten Bereich. Drei nach und nach ausfahrende Fischerboote scheuchten jeweils die zahlreichen Limikolen auf und nur einmal kam dabei der Vogel in die Nähe der Plattform. Für genau 5 Sekunden konnte der Tundra-Goldregenpfeifer in ca. 30-40m Distanz zur Plattform gesehen und fotografiert werden, bevor er wieder im östlichen Teil der Bucht verschwand. Bis zum Beobachtungsabbruch um 19.30 Uhr war der Vogel immer noch vor Ort.
Am Samstag, 13. August 2022 konnte ich den Tundra-Goldregenpfeifer von 10.30 – 12.20 Uhr wieder beobachten. Diesmal hielt er sich gleich gegenüber der Plattform in rund 100m Entfernung auf. Überraschenderweise waren noch 2 Kiebitzregenpfeifer anwesend, die sich meist in Gesellschaft mit der Ausnahmeerscheinung aus Sibirien aufhielten. Dabei gelangen noch ein paar fotografische Belege. — Stephan Trösch